Rudolf Müller

Netzwerken digital und analog: „Mit guter Laune findet man schnell neue Kontakte“

Netzwerken digital und analog: „Mit guter Laune findet man schnell neue Kontakte“

Nadine Jülg-Schenkel ist in einem Holzbaubetrieb aufgewachsen. Mit 17 Jahren hat sie selbst eine Ausbildung zur Zimmerin angefangen. Heute ist sie Mitinhaberin des Holzbaubetriebs Jülg ökologischer Holzbau in Baden-Baden. Als stellvertretende Obermeisterin und Gesellenprüfungsvorsitzende engagiert sie sich für den Zimmerer-Nachwuchs und für Qualität im Holzbau.

1. Bei Netzwerk denken die Meisten heutzutage erst einmal an Social Media. Aber was war denn vor dem Internet? Wenn Du an Netzwerke denkst, was fällt Dir ein?

Nadine Jülg-Schenkel: Meine Eltern haben mich schon als Kind zu Innungs-Ausflügen mitgenommen. Sie haben sehr den Austausch mit anderen Zimmereien und die Innungs-Kameradschaft gepflegt. Mein Vater hat sich u.a. in den Ausbildungszentralverband wählen lassen, um sich um die Prüfungen zu kümmern. Sein Anliegen war es, das Zimmererhandwerk nach vorne zu bringen, die gleichen Standards überall auch auf Bundesebene einzuführen.

Anfang der neunziger Jahre hat er sich in Arbeitskreisen ausgetauscht. Schließlich wollten meine Eltern ökologisch Bauen und damals war die Frage: wo bekommt man die ökologischen Produkte her. Also haben sie Einkaufsgemeinschaften gebildet und gemeinsam Öffentlichkeitsarbeit gemacht, um das Bauen mit Holz nach vorne zu bekommen.

Wenn ich selbst an Netzwerke denke, dann natürlich an die Zimmerer-Innungen, Holzbau Deutschland, FrauenZimmer, aber auch an Social Media. Neu ist ja das Unternehmerinnen Netzwerk von Holzbau Baden Württemberg, das die erste Obermeisterin des Landes Daniela Baisch gegründet hat. Hier treffen wir uns, nicht zum Kaffee trinken, sondern um strategische unternehmerische Fragen zu diskutieren und Lösungen zu finden.

Auch politisch sind wir aktiv: mein Vater (seit 2009) als Stadtrat und ich als (seit 2014) stellvertretende Kreisvorstandsmitglied der Freien Wähler Stadtkreis Baden-Baden.

2. Du bist ja eher der aufgeschlossene, extrovertierte Mensch. Fällt es Dir leicht, auf Veranstaltungen Kontakte zu knüpfen? Hast Du einen Tipp?

Nadine Jülg-Schenkel: Mein Tipp ist: Lieber in nur zwei Netzwerken zu sein, als in fünf. Also, besser gut gelaunt und mit Zeit auf Veranstaltungen zu gehen. Ich überlege mir, wo ich mich engagiere, weil ich meine Energie auch steuern möchte. Und wenn man gut gelaunt auf Treffen geht, ist das mit dem Kontakte knüpfen eigentlich ganz einfach.

Kontakt halte ich auch über die digitalen Medien. Wir sind auf Facebook, Instagram und unserem eigenen Blog aktiv. Ich habe dazu viel positive Reaktionen erfahren: Beispielsweise, weil ich immer Bilder vom Dach poste. Von der Straße oder von außen sehen die Leute nicht die Sanierungsarbeiten und finden das dann immer spannend.

Man darf auch die stillen Beobachter nicht unterschätzen: Neulich wurde ich auf einen Post angesprochen -mir war gar nicht bewusst, dass diese Person meine Aktivitäten verfolgt. Sie liked oder kommentiert nie, aber liest mit.

Auch Menschen, die älter sind – Ü60 oder Ü70, tummeln sich in den Digitalen Medien. Und es geht ja auch nicht nur darum, wer Dir folgt, sondern auch wer hinter diesen Personen steht. Wenn sie Deine Arbeit schätzen, empfehlen sie Dich dann auch weiter an jemanden, der Dich gar nicht kennt.

3. Du bist bei der Premiere des FrauenZimmer Kongresses 2017 in Berlin dabei gewesen. Was war dabei für Dich besonders wertvoll?

Nadine Jülg-Schenkel: Ich war immer Einzelkämpferin, weil ich in einer Männerdomäne arbeite. Als ich mich damals zur Wahl als stellvertretende Obermeisterin gestellt habe, gab es schon verwunderte Blicke. Bei FrauenZimmer ist es schön, andere Einzelkämpferinnen aus dem Holzbau zu treffen. Außerdem ist die Vielfalt der Hintergründe und die Mischung der Fachkompetenzen spannend: Es treffen sich dort Zimmerinnen, Dachdeckerinnen, Unternehmerinnen und auch Ingenieurinnen. Wir wären alle nicht in dieser Position, in der wir jetzt sind, wenn wir uns nicht durchsetzen könnten. Der Biss, den wir brauchen, um uns als Frau in der Baubranche zu behaupten, verbindet.

Danke, Nadine Jülg-Schenkel.

Im Blog postet Zimmermeisterin Nadine Jülg-Schenkel Geschichten rund um den Holzbau. Aber auch lustige Interviews sind zu sehen, z.B. hat ihre Tochter sie gefragt, ob bestimmte Vorurteile gegenüber Handwerkern stimmen: z.B. trinken immer Bier, hinterlassen Schmutz und arbeiten nur mit dem Körper. Das Video findet ihr auch auf Youtube:

Bildquelle: www.proclima.de

Dieses Interview führte Heide Merkel, Fachjournalistin, Referentin und Steuerung Presse und Digitale Medien bei MOLL pro clima, Mitinitiatorin des Blogs frauenzimmer.live und heidi-hakt-nach.de.

Sie freut sich auf den FrauenZimmer Kongress im Mai in Berlin. Gemeinsam mit ihr werde ich einen Workshop zum Thema „Kreativität schlägt Aufwand und Kosten: Die Schlüssel zu mehr Aufträgen durch clevere Smartphone-Videos“ halten. pro clima hat die Veranstaltung von Anfang an unterstützt.